Ab sofort kann die Bevölkerung in der Bibliothek Nesslau nicht nur Bücher, Zeitschriften oder andere Medien ausleihen, sondern auch Gegenstände wie eine Zuckerwatten-Maschine oder einen Pizzaofen. Das Teilen wird wieder salonfähig. Die Bibliothek der Dinge ist Abbild des gesellschaftlichen Trends der Sharing Economy und wurde im Rahmen des Projektes "SmartRegion Toggenburg" initiiert.
Kochfreudige, Kreative und handwerklich Interessierte profitieren - die neue «Bibliothek der Dinge» in der Bibliothek Nesslau bietet Gelegenheit, seine Projekte mit selten gebrauchten Gegenständen wie Schokoladenbrunnen, Brennstab, Laminiergerät oder XXL-Stanzer zu verwirklichen. Die genannten Dinge sind ab sofort in der Bibliothek Nesslau ausleihbar. Von Hilfsmitteln für die nächste Party bis hin zu Haushaltgeräten steht eine Auswahl an Gegenständen zur Ausleihe bereit. Das Sortiment steht als Prototyp der ersten Bibliothek der Dinge im Toggenburg der gesamten Bevölkerung zur Verfügung. Gegen eine geringe Ausleihgebühr und Aufnahme der Personalien stehen die Artikel für die Ausleihdauer von zwei Wochen bezugsbereit. Die Artikelliste soll fortlaufend erweitert werden. Damit die Bibliothek der Dinge den Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht, nimmt die Bibliothek Ideen zur Ergänzung entgegen.
Die Idee des Teilens hat Zukunftspotenzial
Der Ursprung der Idee entstand im ab 2021 lancierten Projekt der Region Toggenburg «Smart Region Toggenburg». Im Rahmen eines partizipativen Prozesses mit der Toggenburger Bevölkerung und Entscheidungsträger:innen wurde das Potenzial der Digitalisierung und der digitalen Kultur im Toggenburg eruiert. Die Sharing-Economy, die Kultur des Teilens, zeigte sich dabei als wichtige Chance für das Toggenburg. Das Phänomen des Teilens hat einen traditionellen Ursprung, entspricht jedoch auch einem Zukunftstrend. Das Teilen von Gegenständen ist nicht nur ökologisch und ökonomisch sinnvoll, sondern hat auch einen sozialen Vorteil, indem Menschen zusammenkommen, wenn sie die Objekte austauschen. Anschliessend an die Projektentwicklung der Sharing-Idee von SmartRegion fand in Zusammenarbeit mit angehenden UmweltingenieurInnen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW) das Projekt «Nesslau im Wandel» statt, in welchem das Projekt weiter detailliert wurde. Ziel des Projektvorhabens «Sharing – Toggenburg teilt» ist ein regionales Ausleihsystem von Gegenständen. Im Anschluss an die Bibliothek der Dinge soll das Gewerbe einbezogen werden, welches bereits Gebrauchsgegenstände wie Werkzeug oder Kleinfahrzeuge ausleiht und damit ebenfalls zur Sharing-Economy beiträgt. Eine folgende Erweiterung mit privaten Anbietenden ist denkbar.
Der Toggenburger Testlauf in Nesslau
Martina Dumelin, Projektleiterin SmartRegion Toggenburg, und Bibliothekskommissionspräsidentin Trudi Rutz waren sich bei der vorliegenden Projektskizze rasch einig, den Prototyp für die Bibliothek der Dinge nach Nesslau zu holen. Mit der Bibliothek der Dinge wurde der Startschuss für das Projekt lanciert. Nesslau wird als erste Bibliothek der Dinge im Toggenburg eine Testphase durchlaufen und ihre Erfahrungen an andere Bibliotheken weitergeben. Denn auch Wissen soll geteilt werden. Das Projektteam konnte bereits wichtige Erfahrungen von bestehenden Sharing-Plattformen sowie Bibliotheken mit ähnlichem Angebot in St. Gallen und Steinach abgewinnen. Die Umfrage mit BibliotheksnutzerInnen in Nesslau zeigte, dass Interesse im Toggenburg vorhanden ist. Nicole Wessner, Leiterin der Bibliothek Nesslau, lancierte im Eiltempo ein Testangebot für die Bibliothek Nesslau, das nun mit Hilfe eines einfachen Ausleihsystems von allen Interessierten ausprobiert werden kann. Auch von jenen ohne Bibliotheksabonnement.
Bibliothek und Ludothek werden in die Gemeinde integriert
Als erste Bibliothek im Obertoggenburg wurde im neu gebauten Oberstufenzentrum am 26. Mai 1973 eine Freihandels- und Schulbibliothek eröffnet. Rund 13 Jahre später, im November 1986 kam die Ludothek Nesslau hinzu. Die Bibliothek und die Ludothek wurden finanziell und organisatorisch stets unabhängig voneinander geführt, unterstanden aber derselben Trägerschaft. Dies soll sich nun ändern. Insbesondere personelle, aber auch organisatorische Herausforderungen haben dazu bewogen, die bisherigen Strukturen neu zu überdenken. Die dafür eingesetzte Arbeitsgruppe überprüfte mehrere Varianten. Eine Fusion der beiden Betriebe und eine Integration in die Gemeindestruktur kristallisierte sich als beste Lösung heraus. Der Gemeinderat stimmte dem Antrag zu und wird per 1. Januar 2025 die Führung und den Betrieb der Biblio- und Ludothek in die Gemeinde integrieren. Die Leitung der beiden Betriebe übernimmt die bisherige Bibliotheksleiterin Nicole Wessner.
Die Trägerschaft, die aus den beiden Kirchgemeinden und der Gemeinde besteht, wird Ende 2024 aufgelöst. Vielen Dank der Trägerschaft für ihre finanzielle Unterstützung und die geleistete Vorstandsarbeit. Für Leseratten und Spielfreudige wird sich nichts grundlegend ändern. Sie können sich nach wie vor über ein weiterhin attraktives Angebot freuen, das laufend erweitert wird.
27. Juni 2024